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10 Jahre iPad:
Microsoft sah von Anfang an "existenzielle Bedrohung"

Für Microsoft war bei der Präsentation des ersten Apple iPad absehbar, dass der Konkurrent unter Steve Jobs mit dem ersten massentauglichen Tablet eine ernsthafte Bedrohung einführte. Ex-Windows-Chef Steven Si­nofsky hat den iPad-Launch jetzt aus Sicht von Microsoft kommentiert.
Apple
28.01.2020  13:17 Uhr
In einem langen Twitter-Thread, der mit Anmerkungen auch bei Medium nachzulesen ist, erklärte Sinofsky, der zur Zeit der Vorstellung des ersten iPads vor zehn Jahren als Leiter des Windows-Teams gerade erst das damals neue Windows 7 auf den Markt gebracht hatte, dass das neue Apple-Tablet für ihn einerseits tatsächlich wie von Jobs beschrieben "magisch" war, gleichzeitig aber auch eine Herausforderung darstellte. Für Sinofsky war nach eigenen Angaben klar, dass der Formfaktor von Tablets früher oder später eine Rolle im Computing spielen würde, nachdem sie auch in der von Fans aus dem Computer-Bereich hoch geschätzten Serie "Star Trek" aufgetaucht waren. Microsoft habe zum damaligen Zeitpunkt bereits seit einem Jahrzehnt an Konzepten und Produkten mit Tablet-Formfaktor gearbeitet, angefangen beim "WinPad" bis hinzu Tablet-PCs.

Microsoft erwartete von Apple eine Art Tablet-Mac mit Stift

Allerdings konzentrierte sich der Konzern laut Sinofsky noch immer auf Win32, Stift und andere Konzepte, die man unbedingt in den mobileren Formfaktor der Tablets pressen wollte. Letztlich ging man in Redmond sogar fest davon aus, dass Apple wohl selbst einen "Stift-Computer" auf Mac-Basis einführen würde, schließlich hatte die IT-Industrie diesen Ansatz seit 20 Jahren verfolgt. Dazu trug Sinfosky zufolge auch der Erfolg des iPhones bei, denn Apple gab zum iPad-Launch bekannt, dass der App Store bereits 140.000 Apps enthielt, die insgesamt gut drei Milliarden Downloads erfahren hatten.

Apple iPad

Als Steve Jobs dann während der Vorstellung des ersten iPads gegen Netbooks wetterte und sie als "einfach nur billige Laptops" mit langsamer Hardware abtat, stimmte dem auch Sinofsky im Stillen zu. Letztlich seien Netbooks für ihn und andere Microsoft-Vertreter nie etwas anderes gewesen als der halbherzige Versuch, etwas Sinnvolles aus den unbeholfenen Bemühungen zur Entwicklung von sparsamen, lüfterlosen Intel-Chips für Handys herauszuholen.

Erstes iPad lief lüfterlos 10 Stunden - Tablet-PCs nur vier

Für Sinofsky war vor allem wichtig, dass das erste iPad bereits 10 Stunden Laufzeit erreichen sollte, während man bei PCs in ähnlichen Formaten nur auf vier Stunden kam und mit hoch drehenden Lüftern leben musste, so der frühere Windows-Chef. Zweifel hatte er nach eigenen Angaben vor allem deshalb, weil das erste iPad ohne einen Stylus erschien und somit seiner Meinung nach kaum produktiv nutzbar sein konnte. Einige große Vorteile waren aber schon direkt erkennbar, so Sinofsky: Instant-Standby, keine Viren, die Möglichkeit, das Gerät nach belieben zu drehen und lang anhaltende Qualität.

Auch die Möglichkeit zum Abgleich von Daten mit iTunes über das Internet war laut Sinofsky zum damaligen Zeitpunkt aus Windows-Sicht noch immer "verrückt", schließlich gab es im Consumer-Bereich beim PC keinerlei entsprechende Ansätze in dieser Richtung. Dies lag auch an der Preisgestaltung, denn Apple konnte das Ganze vergleichsweise günstig anbieten, während man beim PC und Tablets mit USB-Modems und hohen monatlichen Kosten kämpfen musste.

Tablet-Vergleich: Microsoft Surface Pro 7 vs. Apple iPad Pro
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Schockierend niedriger Preis

Auch der Preis sei ein Schock gewesen, denn mit 499 Dollar habe Apple das erste iPad genau als Angriff auf den Laptop-Markt für private Endkunden positioniert. Auch er habe daher sofort ein Gerät bestellt, so Sinofsky. Der Kontrast gegenüber dem Windows-Bereich sei auch dadurch deutlich geworden, dass Microsoft und seine Hardware-Partner nur wenige Wochen zuvor auf der CES zwar diverse Windows-basierte Tablets präsentiert hatten, doch handelte es sich dabei fast ausschließlich um teure Modelle für professionelle Anwender, auf denen obendrein auch noch das praktisch unangepasste Windows 7 im Einsatz war.

Letztlich habe das iPad mal wieder bewiesen, wie es Apple gelang, den Markt durcheinanderzubringen. Zwar war das iPad nicht so wie ein "normaler" Computer und übernahm auch nicht direkt die gleichen Aufgaben, schreibt Sinofsky. Allerdings erledigte schon das erste iPad die Dinge, die man damit anstellen konnte, so viel besser, dass sich die Nutzer dem Produkt anpassten.

iPad war für Microsoft von Anfang an eine existenzielle Bedrohung

Für Microsoft wurde das iPad laut dem früheren Windows-Chef schnell zu einer "existenziellen Bedrohung für das Kerngeschäft", denn der Konzern konnte mit dem neuen Apple-Tablet nicht mehr die Hauptrolle als bevorzugter Plattform-Anbieter der Software- und App-Entwickler spielen. Gleichzeitig verlor der PC auch an anderer Front an Bedeutung, denn der klassische Desktop wurde zunehmend vom Browser abgelöst, während gleichzeitig auch Android immer mehr an Popularität gewann.

Das Wissen, dass das iPhone und künftig auch das iPad auf Basis eines "robusten Betriebssystems unter der Haube mit einem vollkommen anderen Interface (Touch) und App-Modell" liefen, habe zum Zeitpunkt der Präsentation des Apple-Tablets "massive Auswirkungen" auf den "führenden Plattformanbieter für Computer" gehabt, so as Fazit von Steven Sinofsky.
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