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Thor: Auch Cisco will patentverseuchte Codecs aus dem Web drängen

Neben Google hat sich auch der Netzwerkausrüster Cisco bemüßigt gefühlt, einen Video-Codec zu entwickeln, der komplett frei verwendet werden kann. Erste Ergebnisse der Forschungsarbeiten hat das Unternehmen nun veröffentlicht. "Thor" heißt die Technologie, die das Netz ein bisschen besser machen soll.
Mårten Eskil Winge
12.08.2015  10:56 Uhr
Opus-Codec im Vergleich Aktuelle Codecs im Vergleich

Video-Inhalte haben im Web eine ständig wachsende Bedeutung. Allerdings besteht noch immer das Problem, dass die zugrundeliegenden Technologien in der Regel von zahlreichen Patenten geschützt sind - vor allem, was die Quasi-Standards angeht. Zahlreiche Menschen, Firmen und Organisationen müssen sich daher nicht nur damit auseinandersetzen, gute Inhalte und Anwendungen bereitzustellen, sondern sie schlagen sich auch noch mit verschiedenen Lizenzproblemen herum und müssen teils auch signifikante Summen an die Patentinhaber abgeben.

Und die Situation wurde - je nachdem, wen man fragt - zuletzt nicht besser. "Leider hat sich die Sache mit der Patent-Lizensierung bei H.265 eher verschlechtert", erklärte Jonathan Rosenberg, Technikchef von Ciscos Collaboration-Sparte. Cisco hatte den Vorgänger H.264 noch aktiv unterstützt und konnte damit leben, dass es einen Lizenzpool gab und verschiedene Nutzer des Codecs einen Teil ihrer Umsätze abführen mussten. Die Summen waren dabei sogar nach oben gedeckelt.

Bei H.265 gibt es nun aber zwei Patent-Pools, die unterschiedliche Anforderungen stellen. Das schafft bereits in der rechtlichen Verwaltung der eigenen Lizenzen mehr Aufwand. Hinzu komme, so Rosenberg, dass die Nutzung bis zu 16 Mal teurer sein kann als beim Vorgänger. H.265 sei für Hardware-Hersteller zwar gut in Produkte zu integrieren, hingegen ist es riskant, den Codec in freie Software einzubauen - etwa als nativen Bestandteil eines Webbrowsers.

"Wir sind daher zu der Überzeugung gelangt, dass die Industrie einen hochwertigen Codec der nächsten Generation benötigen wird, der überall eingesetzt werden kann", führte Rosenberg aus. Daher habe man vor einiger Zeit unter anderem einige der fähigsten Codec-Experten ins Unternehmen geholt und mit der Entwicklung begonnen. Das allein reichte aber nicht. Der Konzern stellte auch eine ganze Schar von Patentanwälten und anderen Experten in dem Bereich an, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse der Entwicklung keinerlei bereits bestehende Patente verletzen.

Die bisherigen Quellcodes von Thor wurden inzwischen unter einer Open Source-Lizenz veröffentlicht und auch bei der Internet Engineering Task Force (IETF) als Standardisierungs-Kandidat eingereicht. Rosenberg sieht das eigene Projekt nicht in einer Gegnerschaft zu vergleichbaren Codec-Entwicklungen, wie sie etwa bei Google oder Mozilla stattfinden. Rosenberg sieht es viel mehr so, dass je mehr Technologie dem Zweck eines freien Standardcodecs zugeführt wird, die Wahrscheinlichkeit steigt, dass ein solcher Ansatz letztlich erfolgreich ist. Denn durch den Open Source-Charakter lassen sich die Arbeiten der verschiedenen Projekte im Zweifelsfall auch miteinander kombinieren.
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